August Brömse – Kunstwerk des Monats Februar 2007

Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz

August Brömse - Kunstwerk des Monats Februar 2007

Selbstporträt eines großen Künstlers

Als Kunstwerk des Monats Februar 2007 wird das Selbstporträt des Malers und Grafikers August Brömse (* 1873 Franzensbad † 1925 Prag), das vor 1900 als Kohlezeichnung (28,3 x 21 cm) wahrscheinlich in Berlin entstanden ist, vorgestellt. Diesem Egerländer Künstler wurde in einer großen Kunstausstellung in Eger mit dem Titel Bildende Kunst des Egerlandes im Sommer des Jahres 1938, noch vor dem Münchner Abkommen vom September 1938, und vor allem in der zur Ausstellung erschienenen Festschrift ein besonders Denkmal gesetzt. Diese Ausstellung hatte zwar starke nationale Züge. In dem Beitrag über August Brömse wurde jedoch anerkannt, dass  er zu den großen Künstlern zählt, die mit ihren Werken Wegbereiter des Expressionismus in Europa waren.

Das Selbstporträt zeigt einen Mann, der eher scheu gegen die Außenwelt  und in sich gekehrt wirkt. So wird er auch von den Zeitzeugen (z. B. Rudolf Hönigschmid) geschildert. Die Haltung des Kopfes und die Darstellung der Augen mit der Betonung des Kantigen von Stirn- und Wangenpartie entsprechen dieser Charakterisierung. Der Kopf sitzt auch fest ohne Übergang auf dem Hemdkragen, der mit einer fest-gebundenen Krawatte mehr zusammengehalten als geschmückt ist. Die Nasen- und Mundpartie setzt in der Mitte des Antlitzes die strenge Ausdrucksweise fort. Die Lippen sind fest geschlossen, zusammen mit dem linken Auge, das etwas nach außen blickt, entsteht ein geringer Ansatz von Freundlichkeit oder gar Schalk. Mit diesen sparsamen Mitteln deutet der Künstler wohl an, dass er kein Mensch mit Verbitterung oder gar Verdüsterung ist. Wie seine Werke zeigen, kann sich sein Herz auch öffnen, vor allem dem Schönen mit stiller und tiefer Freude, wie er das wohl auch in vertrautem Kreis getan hat. Das Porträt erhält durch eine geschickte Hintergrundgestaltung und die ausgeprägte Darstellung der Ohrmuscheln, die das Kantige etwas auflockern, eine sehr plastische Wirkung. Links ist der Hintergrund durch kräftige senkrechte Striche dunkel gehalten, während sich rechts die Kopfform vor weißem leeren Hintergrund, der eine optische Weite erzeugt, abhebt.

Dieses Selbstporträt, das sich in der Sammlung des Brömse-Schülers Richard Fleißner befindet, gehört zu einer Reihe von 20 Selbstbildnissen, die als Zeichnungen, Lithographien, Radierungen und einem Aquarell bis in die 1920er Jahre entstanden sind. Um 1900 ist das Selbstbildnis vor Bilderwand, Tempera auf Leinwand, 68 x 42 cm, entstanden. Bei diesem Bild ist ein schwarzer langer Rock fast beherrschend und die im Hintergrund dargestellte Bilderwand eher düster. Die Vielzahl der Selbstbildnisse deutet aber auch darauf hin, dass Brömse auf die Selbstdarstellung und Selbstbetrachtung durchaus Wert legte.

Die Bedeutung des Künstlers August Brömse für die Egerländer und die internationale Kunst besteht nicht nur darin, dass er ab 1910 Professor an der Akademie der Künste in Prag war und dort nach der Darstellung von Ernst Schremmer, künstlerischer Leiter der Esslinger Künstlergilde, die prägendste und im künstlerischen Verstand auch die modernste Kraft war. Die Wirkung seiner Persönlichkeit, seines Vorbilds ist in den Biografien zahlreicher aus seiner Schule kommender bildender Künstler nachzuvollziehen. Sie haben ihn in Ehrfurcht und Dankbarkeit verehrt. Zu diesen Schülern gehören auch Professor Richard Fleißner, der Stifter der Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz, und Norbert Hochsieder, der Altmeister des Expressionismus unter den Egerländer Künstlern. Das graphische und malerische Werk Brömses ist von einem leidenschaftlichen Ringen um eine Ausdrucksform, die seine reiche Empfindungswelt und ausgeprägte Ästhetik möglichst unmittelbar mitteilen soll. Symbolismus, Expressionismus und Abstraktion sind die Entwicklungsphasen in seinem  künstlerischen Leben.

August Brömse hatte als Grafiker und Zeichner einen besonderen Bezug zu der Linie als wesentliches Gestaltungselement der bildenden Kunst. Über die Linie schreibt der Künstler u. a. in dem Konzept für einen Akademievortrag: Welche Kraft in einer Bewegung steckt, kann nur der begreifen, der ein Kunstwerk daraufhin studiert; eine leichte Verschiebung einer Linie nach rechts oder links ändert die Wirkung sofort, hebt sie auf oder verstärkt sie. Erkennt einmal der Künstler, welche Linie, welche Stärke der Linie, in welcher Neigung er sie gerade bei diesem Werk geben muss, dann hat er die Macht, die Stimmung zu meistern, – dann weiß er, ob sein Werk wirklich richtig ist. Im Grunde geht eben jede Wirkung, d. h. jede Stimmung nur von der Linie aus.“

Brömse kommt auf Grund dieser Einschätzung der Bedeutung der Linie zu der folgenden Vorausschau der künftigen Kunstentwicklung bis hin zur konkreten Kunst und zur konstruktiven Kunst:

„Erst wenn einmal der einfache Weg der Erkenntnis betreten wird, dass eine einzige Linie alle anderen Linien enthält, dass die Linie verstanden werden muss, damit man das Kunstwerk versteht, wenn einmal wieder gelehrt wird, wie sehr jede Linie Kraft ist, die richtig angewandt, alles sagen muss, Freude und Schmerz ausdrückt, dann beginnt eine Zeit der Klarheit.“

August Brömse ist 1873 in Franzensbad geboren. Sein Vater Karl Johann Brömse war Dekorationsmaler. Nach einer Lehr als Dekorationsmaler in der Werkstatt des Vaters erhält er 1891/1892 Zeichen- und Malunterricht an der Privatschule Schlabitz in Berlin. Von 1892 bis 1898 studiert er an der Akademie für Bildende Künste in Berlin. Seine Lehrer sind Woldemar Friedrich, Skarbina und Bockelmann. Er absolviert ein Anatomiestudium bei Virchow und lernt privat bei Louis Jcoby Kupferstich und Radierung. Nach dem Studium wird er als freischaffender Künstler zunächst in Berlin, dann in Franzensbad mit Atelier in Eger tätig. Im Jahr 1906 übersiedelt er nach Prag und arbeitet dort als freischaffender Künstler mit großem Erfolg. 1907 wird er zum ordentlichen Mitglied der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft und Kunst in Prag ernannt. 1910 erfolgt die Berufung zum ordentlichen Professor an der Akademie der Bildenden Künste in Prag. Im gleichen Jahr heiratet er die Konzertsängerin Else Schünemann.1919 wir er geistiger Führer des „Pilger Kreises“.1925 stirbt August Brömse in Prag.

Der Künstler beteiligt sich bereits mit 29 Jahren an bedeutenden Ausstellungen und erhält im Lauf der Jahre zahlreiche Einzelausstellungen. An bedeutsamen sind zu nennen:

1902 Große Berliner Kunstausstellung, 1903 Ausstellungen in Berlin, Wien (Sezession) und Paris, 1904 in Dresden, Berlin und im Glaspalast in München, 1905 Ausstellungen in Prag, München und Karlsbad. 1906 erhält Brömse die große goldene Medaille bei der internationalen Kunstausstellung in Paris im Palais du Travail. 1907 und 1908 folgen dann zwei Ausstellungen in Prag beim Verein deutscher Künstler in Böhmen. 1909 nimmt Brömse an der 10. Internationalen Kunstausstellung in München teil. 1910 folgt dann im Kunstsalon Arnold eine Sonderausstellung für Brömse und Katharina Schäffner in Dresden. 1911 stellt Brömse im Österreichischen Pavillon in der Internationalen Kunstausstellung in Rom aus. 1914 folgt dann die Teilnahme an der Ausstellung des Deutsch-Böhmischen Künstlerbundes in Prag. Durch den ersten Weltkrieg wird die Teilnahme an Kunstausstellungen unterbrochen. 1917 kann aber Brömse im Kunstsalon Halm & Goldmann in Wien Radierungen, Stiche und Radierungen ausstellen. 1922 gibt es dann eine Sonderausstellung für August Brömse in Prag. Er nimmt dann in 1923 an einer Ausstellung des Pilger-Kreises teil. Die letzte Ausstellung zu Lebzeiten von August Brömse findet  1925 zusammen mit Werken von Wenzel Hablik im Rudolfinum in Prag statt.

1926 gibt es eine Nachlass-Ausstellung im Kunstverein für Böhmen in Prag, die 1927 wiederholt wird. 1927 werden aber in Wien, Aussig a. d. Elbe und Reichenberg Ausstellungen für Brömse ausgerichtet.

Nach dem 2. Weltkrieg werden Werke von  Brömse zuerst 1953 in Stuttgart (Sudetendeutsche Graphik) gezeigt. 1955 wird für Brömse eine Sonderausstellung von der Esslinger Künstlergilde ausgerichtet. Im gleichen Jahr findet in Bayreuth eine Brömse-Gedächtnis-Ausstellung im Rahmen einer Graphik-Ausstellung des Egerlandes statt. 1956 werden Brömse-Graphiken bei der Ausstellung der Esslinger Künstlergilde über zeitgenössische Kunst des deutschen Ostens in der Residenz Bamberg gezeigt. Gleiches erfolgt 1957 und 1959 in Regensburg bei Ausstellungen über die sudetendeutsche Graphik bzw. zeitgenössische Kunst des deutschen Ostens. 1964 werden bei einer Gemeinschaftsausstellung der Künstlergilde Esslingen und der Ostdeutschen Galerie Regensburg im Haus der ostdeutschen Heimat in Berlin wieder Werke von Brömse gezeigt. 1978 findet dann eine große Brömse-Ausstellung in der Ostdeutschen Galerie Regensburg statt, zu der ein umfangreiches Werk über Leben und Werk August Brömse erscheint. Die Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz führt eine Grafik-Ausstellung in dem Grafik-Kabinett in 1999 mit Werken von August Brömse und Richard Fleißner durch. Teile dieser Ausstellung werden 2000 in Zusammenarbeit mit dem AEK und dem Haus des Deutschen Ostens München beim 33. Bayerischen Nordgautag in Berching unter dem Titel „Aufbruch in die Moderne“  gezeigt. In der Schausammlung der Egerländer Kunstgalerie ist August Brömse ständig mit dem Gemälde Prometheus, um 1910, Tempera  auf Holz, 39,7 x 50 cm, einer Leihgabe des Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg, vertreten.

Hans-Achaz v. Lindenfels