Freundschaft – Kunstwerk des Monats Januar 2004

Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz

Freundschaft - Kunstwerk des Monats Januar 2004

Menschliche Emotionen in kubistischen Formen

Als Kunstwerk des Monats Januar 2004 stellen wir das Werk Freundschaft, 1990, Guasch, 50 x 70 cm, von Franz Dobner vor. Das Exponat gehört zu den Arbeiten des Künstlers, mit denen er sich mit grundlegenden menschlichen Emotionen und Phänomenen beschäftigt. Dobner zeigt zwei Figuren, die sich offensichtlich gegenseitig zuneigen und untereinander eine Verbindung herstellen. Bei der Darstellung lehnt sich Dobner an die Mittel und Erkenntnisse des Kubismus an, mit denen zu Beginn des vorigen Jahrhunderts die Entwicklung der modernen Kunst von Georges Braque und Pablo Picasso beeinflusst wurde.

Die Einteilung des Bildes in Vorder-, Mittel- und Hintergrund wird nicht durch horizontal verlaufende Ebenen gegliedert, sondern nur anhand von Farb- und Formänderungen erkennbar. Der Hintergrund wird bestimmt von sonnengelben und blauen Farbflächen, die ohne scharfe Konturen zum Teil sanft in einander fließen. Sie strahlen Heiterkeit und Wärme aus. Im Mittelgrund sind die Flächen geometrisch scharf abgegrenzt. Sie sind von Grautönen geprägt. In diese dunkleren Flächen vermischt sich das Kolorit des Hintergrunds mit roten und grünen Farbtönen. Durch sie und durch die Verschränkung der Formen ergeben sich Raumtiefe und bewegt strukturierte Oberflächen. Der Vordergrund wird bestimmt von zwei tiefschwarzen Figuren. Mit geometrisch abgegrenzten Formen beherrschen sie den Bildraum. Die Figuren wachsen aus dem unteren Bildrand.

Ihre massiven Formen zeigen, dass sich die Figuren im Profil gegenüberstehen und zu einender gerückt sind. Der Habitus beider Figuren signalisiert Kommunikation durch das Zueinanderneigen der Körper. Die Kopfformen beider Figuren sind durch eine Aussparung bei der linken Figur und einem gleich großen Vorstück bei der rechten Figur so gestaltet, als ob sich beide Figuren in einander verschmelzen ließen. Bei der rechten Figur ist die Haltung eines Armes so gestaltet, dass sie aufmerksames Interesse an der anderen Figur verdeutlicht, während bei der linken Figur in der Gestalt das interessierte Vorwärtsstreben auf ihr Gegenüber zu erkennen ist.

Aus dem physischen Gleichen der Figuren in der Farbe, der Form und der Masse ihrer Körper sowie durch die Passform der Köpfe erwächst der Eindruck einer gegenseitigen Innigkeit. Sie signalisiert auf ihre Weise die Seelenverwandtschaft zweier Menschen, die eine wichtige Grundlage für die Freundschaft unter zwei Menschen ist. Diese Seelenverwandtschaft wächst gleichsam aus den verschiedenen differenzierten Ebenen der Darstellung und der Reduzierung der Figuren auf die Eindeutigkeit der Körpersprache, die mehr als Worte oder realistische Detailgenauigkeit auszudrücken vermag. So versinnbildlicht die Reduzierung auf geometrische Formen die grundlegende Bedeutung des Inhalts der Darstellung: Seelenverwandtschaft – Zuneigung – Innigkeit – Freunde.

Franz Dobner ist 1922 in Pittlau im Kreis Mies geboren. Nach der Bürgerschule in Mies  wird  Dobner wie fast alle seine Altersgenossen zu Wehr- und  Kriegsdienst herangezogen. Nach der Vertreibung arbeitet er zunächst in Amorbach in einem kunstgewerblichen Betrieb bis ihm 1946 vom Staatlichen Schulamt in Ochsenfurt eine Lehrerstelle in Aub bei Würzburg zugewiesen wird.1948/49 legt er die Lehramtsprüfung für Volksschulen ab. Zu Beginn der 1950-er Jahre besucht Dobner zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Lehrer das Pädagogische Institut in München und die Hochschule für Schmückende Berufe. 1954 schließt er seine Studien mit dem Staatsexamen ab. Er unterrichtet bis zu seinem Ruhestand in 1982 Auszubildende im grafischen Gewerbe. Neben seiner Lehrtätigkeit arbeitet Dobner künstlerisch in einem eigenen Atelier. Ab 1968 beteiligt er sich mit Erfolg an Ausstellungen in Nürnberg, München, Augsburg und Würzburg sowie an den Ausstellungen des Arbeitskreises Egerländer Kultur-schaffender e.V.

Dobner bedient sich bei seiner künstlerischen Arbeit unterschiedlicher Techniken und Stilmittel. Sie reichen vom Schriftbild, das er bis in die Abstraktion führt, über die aquarellierte, expressive Landschaftsdarstellung bis zur kubistischen Guasch. In seinen Werken greift er Themen aus der Politik und Ökologie auf, beschäftigt sich aber auch mit grundlegenden menschlichen Emotionen, wie Einsamkeit, Angst, Glück und Freundschaft, wie in dem vorgestellten Werk. Der Künstler verstirbt in 2000 in Nürnberg. Vor seinem Tod stellt er das 1990 entstandene Werk für die Schausammlung der 1999 entstandenen  Egerländer Kunstgalerie als Leihgabe zur Verfügung.

Hans-Achaz v. Lindenfels