8/98 L – Kunstwerk des Monats März 2005

Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz

8/98 L - Kunstwerk des Monats März 2005

Spielerische Variation harmonischer Flächengliederung

Als Kunstwerk des Monats stellen wir das Gemälde mit der sehr nüchternen Bezeichnung 8/98 L, 1998, Acryl auf Leinwand, 120 x 89 cm des Grafikers und Malers Kurt Teuscher (* 1921 in Radonitz) aus Selb/Erkersreuth vor. Das Gemälde ist der konkreten Kunst zuzuordnen, deren Entwicklung vor etwa 80 Jahren begann, also  so alt ist wie der Künstler selbst.

In dem Gemälde sind fünf Flächen einander zugeordnet. Am linken Bildrand ist ein schmales gelbes Rechteck so angeordnet, dass es zugleich am oberen Bildrand anschließt, unten jedoch Platz für ein quer angeordnetes hellgraues Rechteck lässt. Nach rechts von dem gelben Rechteck ist ein rotbraunes Rechteck vertikal so angeordnet, dass es zum oberen Bildrand einen schmalen Streifen für eine weitere rechteckige Fläche, die ebenfalls in hellgrauer Farbe gehalten ist, noch Platz lässt. Von dieser den Hintergrund des Gemäldes bildenden Flächenaufteilung schließt sich zum rechten Bildrand eine weitere rotbraune rechteckige Fläche an, die aber so angeordnet ist, dass sie die am unteren Bildrand angeordnete hellgraue Fläche rechts begrenzt. Die Begrenzung ist so angeordnet, dass ein rechter Winkel entsteht. So erhält diese rotbraune Fläche eine dreidimensionale Wirkung, wie wenn der rechte Bildrand durch eine Wand begrenzt wird. Diese Wirkung wird noch durch einen schwarzen Streifen am Bildrand, der die rotbraune Fläche begrenzt, betont. Damit entsteht der Eindruck, als ob vom rechten Bildrand von vorn bis  in den Hintergrund eine Wand aufgestellt ist, die sich im Hintergrund nach links über Eck hinzieht und an die im Hintergrund eine gelbe Wand nach links anschließt. Die hellgrauen Flächen am linken unteren Bildrand und am rechten oberen Bildrand unterstützen diesen Raumeindruck wirkungsvoll. Das ganze wirkt auf den ersten Blick geometrisch und in der Linienführung penibel. Der Raumeindruck bringt aber Spannung in das Gemälde und verstärkt damit zugleich die Harmonie, Ordnung und Ruhe, die von der Darstellung ausgeht.

Die konkrete Kunst entwickelte sich in den 1920er und 1930er Jahren, weil die Künstler sich vor allem unter dem Eindruck des ersten Weltkrieges und der durch Not gezeichneten Nachkriegszeit eine Bildsprache suchten, die bewusst einen Gegensatz zu der bis dahin dominierenden gegenständlichen Darstellung bilden sollte. Diese Bildsprache sollte sich nicht mit der Abstraktion begnügen, sondern sich Mitteln bedienen, die allgemein verständlich und die verschiedenen Kulturen der Völker verbindend sein sollte. Linien, Farbe, Fläche, Raum wurden als autonome künstlerische Mittel eingesetzt. Die Vielfalt kennt keine Grenzen. Das „Lesen“ der Werke der konkreten Kunst wird zu einer sinnlichen Erfahrung in der Wahrnehmung von Farben und Linien und Flächen, wenn der Betrachter sich zwang- und vorurteilslos auf einen Dialog mit dem Werk einlässt.

Kurt Teuschers Werke können, wie Gerhard Leistner dies in einer Monographie über den Künstler und sein künstlerisches Schaffen ausdrückt, menschliche Stimmungen assoziieren, nämlich einerseits Ordnung, Ruhe und Harmonie und andererseits Momente der Überraschung, Gegensätze und Spannungen. So wirken die Werke in einer neuen Ästhetik und vermitteln in ihrer spielerischen  Variabilität eine sinnliche Harmonie.

Kurt Teuscher beginnt nach Krieg, Gefangenschaft und Verlust seiner Heimat und nach dem Studium an der Werkkunstschule Wiesbaden (1949 – 1953) in 1954 als Gebrauchsgrafiker in Hamburg, Köln und Frankfurt/Main. Seit 1982 arbeitet er zunächst in Weilheim als freischaffender Künstler, dann in Regensburg und seit einigen Jahren in Selb/Erkersreuth. In 1995 erhält er den Kunstpreis des Landkreises Dillingen. Er gehört dem Bund Bildender Künstler Niederbayern/Oberpfalz in Regensburg, der Künstlergilde Esslingen, dem Kunst- und Gewerbeverein Regensburg und dem Kunstverein Hochfranken in Selb an. Seit 1994 nimmt er an internationalen Symposien in Okuninka teil.

Seit 1999 ist Kurt Teuscher mit zwei Leihgaben in der ständigen Schausammlung der Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz vertreten. Werke des Künstlers befinden sich in zahlreichen Museen und Sammlungen so in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, im Forum Konkrete Kunst Erfurt, Museum Modern Art Hünfeld, P. & B. Haggerty-Museum Milwaukee/USA, Panstwowe Muzeum Na Majdanku Lublin/Polen, Museum Mondrian-Huis Amersfoort/Niederlande.

Der Künstler hat eine große Reihe von Einzelausstellungen durchgeführt, so in Weilheim, Schongau, München, Narbonne/Frankreich, Freising, Garmisch-Partenkirchen, Regensburg, Ilmenau, Selb , Regensburg, Wertingen, Asch/CZ, Pardubice/CZ. Seit 29. Januar findet eine Ausstellung in der Kleinen Galerie in Regensburg statt.

Die Liste der Ausstellungsbeteiligungen weist eine Reihe von großen Kunstausstellungen auf, so „Kunst 91“ im Haus der Kunst München, Galerie Aspekty Warschau, Galerie Awangarda Breslau, „Zeichen der Zeit“ Erfurt, „Kunst als Konzept“ Museum Ostdeutsche Galerie Regensburg, Kunstgalerie Nes Ziona Tel Aviv,  „Jeder Meter für die Kunst“ Berlin ehm. Staatsratsgebäude, Große Ostbayerische Kunstausstellung Regensburg, Bayerischer Nordgautag Berching, Weiden Max-Reger-Halle, Bratislava/Pressburg National Galerie „Bayerische Kunst unserer Tage“.

Die Monographie über Kurt Teuscher wurde herausgegeben von IKKP, Institut für Konkrete Kunst und Konkrete Poesie, Archiv Eugen Gomringer Rehau.

Hans-Achaz v. Lindenfels