Thema Flucht und Vertreibung: “Not macht erfinderisch”

Museumspädagogisches Projekt im Egerland-Museum

Thema Flucht und Vertreibung: “Not macht erfinderisch”

Das Egerland-Museum unter der Leitung von Herrn Volker Dittmar M.A. plant und organisiert seit September 2003 verschiedene museumspädagogische Aktionen.

Als Bildungs- und Kulturstätte der heimatvertriebenen Egerländer nahmen die Museumsmitarbeiter und Mitarbeiterinnen die Aufgabe wahr, den Themenkreis  „Flucht und Vertreibung“ zu bearbeiten und an einheimischen und benachbarten Schulen vorzustellen.

So wurde eine Reihe von Projekten gestartet, die erstmals grenzüberschreitend, also auch mit tschechischer Beteiligung stattfanden und bis auf Weiteres stattfinden werden. Frau Petra Kropackova aus Pilsen, Gymnasiallehrerin für Germanistik und Geografie und Susanne Kießling, Volkskundlerin aus Marktredwitz, übernahmen die Aufgabe, gemeinsam mit Lehrern und Schülern unter dem Motto „Not und Neuanfang“ bzw. „Not macht erfinderisch“, Alltagsgegenstände „nachzubauen“.

Zunächst beschäftigten sich die Schüler mit dem Fluchtgepäck von Vertriebenen und lernten, wie durch Einfallsreichtum, Improvisation und Geschick manche Mangelsituation gelindert werden konnte. Eine nach der Vertreibung mit viel handwerklichem Können und Ideenreichtum funktionsfähig gemachte Nähmaschine, ein aus knorrigen Ästen zusammengebastelter Esstisch oder verschiedene von Hand hergestellte Reibeisen für die Küche, bildeten den Einstieg in das Thema. Weil sich Thema und Unterrichtsstoff ergänzen und gut umsetzbar sein sollten, entschied man sich, mit den Schülern und Schülerinnen Küchenreiben nachzubauen.

Für das Pilotprojekt konnte die 9. Klasse der Fichtelgebirgsrealschule Marktredwitz unter der Leitung von Herrn Joachim Rohrer, dem Museumspersonal durch gute Zusammenarbeit und als engagierter Lehrer bekannt, gewonnen werden. Nach der theoretischen Einführung im Museum, bei der sich die Schüler Skizzen der im Museum ausgestellten Reiben anfertigen mussten, konnte der handwerklich-praktische Teil im Werkraum der Realschule stattfinden. Die im Schnitt Fünfzehnjährigen bauten mit teilweise großem Geschick Holzrahmen und lochten in mühsamer Handarbeit Metallbleche. Nach insgesamt 4 Unterrichtsstunden waren die Reiben fertig und einsatzbereit. Die Praxistauglichkeit der selbst gebauten Küchengegenstände konnte nun getestet werden. Unter kompetenter und erfahrener Anleitung von Fachlehrerin Frau Schütz, wurde in der Schulküche der Fichtelgebirgsrealschule von zehn bis zwölf jungen Damen ein schmackhaftes Essen zubereitet. Auf dem Speiseplan stand „Reiberdatschi“ (Kartoffelpuffer) mit selbst gemachtem Apfelmus, sowie Kartoffelkuchen nach einem Vertriebenen-Rezept aus Pommern, und Kaffee.

Nach einer durch Herrn Rohrer und Frau Schütz hervorragenden Planung und Durchführung der schulischen Arbeitseinheiten (vielen Dank hierfür!), konnten alle Beteiligten zusammen mit Herrn Rektor Schmidt an einem schön gedeckten Tisch Platz nehmen und sich die zubereiteten Speisen schmecken lassen.

Abschließend sei angemerkt, dass solche Projekte immer nur einen kleinen Teilausschnitt vom großen Ganzen aufzeigen können. Wir sind uns bewusst, dass ein so schwieriges und sensibles Thema wie „Flucht und Vertreibung“ behutsam behandelt werden muss. Dies gilt ganz besonders auch für tschechische Schulklassen, die ja zumeist von diesem Thema gar nichts oder kaum etwas erfahren haben. Selbst deutsche Schüler und Schülerinnen wissen aus dem Geschichtsunterricht oftmals wenig.

Mit kleinen Projektarbeiten wie der hier Beschriebenen können diese schwierigen Themenbereiche in einen größeren Zusammenhang gestellt und für die Schüler besser nachvollziehbar gemacht werden.

Der ein oder andere Erfolg zeigt, dass der Wille zum Verstehen und ein gewisses Einfühlungsvermögen vorhanden sind.

Die Mitarbeiter des Egerland-Museums jedenfalls haben sich für die Zukunft weitere grenzüberschreitende Projekte und Aktionen vorgenommen. Diese werden rechtzeitig bekannt gegeben.

Bei Anfragen an das Museum wenden Sie sich bitte an folgende Anschrift:

Egerland-Museum
Fikentscherstraße 24
95615 Marktredwitz
Tel. 09231 / 3907
Fax. 09231 / 5264
E-Mail: info@egerlandmuseum.de

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, 14.00 bis 17.00 Uhr
Montags geschlossen