ES-KA und Premier

ES-KA und Premier – Weltbekannte Marken aus Eger

Sonderausstellung im Egerland-Museum, Foyer im 1. Stock

ab Samstag, 1. August 2020

 

Das lässt die Herzen von Oldtimer-Freunden höher schlagen. Ein Marktredwitzer Sammler von Motorrad-Oldtimern hat mit hohem Können und großer Geduld zwei Motorräder der weltbekannten Marken ESKA und Premier restauriert.

Beide Werke hatten ihren Sitz in Eger: Premier ab 1893 und ES-KA ab 1911. Zunächst produzierten die damals weltweit führenden Unternehmen Fahrräder, später Motorräder. Die im Egerland-Museum ausgestellten Raritäten stammen aus den Jahren 1939 und 1941. Heute existieren nur noch sehr wenige in Sammlerkreisen und Museen.

ESKA und Premier sind Geschichte. Die Werke in Eger wurden nach 1945 vom tschechoslowakischen Staat verstaatlicht. Sie beschränkten sich nur noch auf die Fahrradproduktion und wurden schließlich 1996 still gelegt.

 

ES-KA Motorfahrrad aus Eger

 

Dieses Sammlerstück stammt aus dem Jahr 1941und trägt die Fahrgestellnummer 784608. Es ist mit einem 98ccm starken Zweitaktmotor von Fichtel & Sachs ausgestattet. Die Leistung beträgt 2,25 PS, die Höchstgeschwindigkeit etwa 55 Kilometer/ Stunde. Mit 62kg Leergewicht und einer Zuladung von 100kg war das Gefährt eher als einfaches Fortbewegungsmittel gedacht. Am Rahmenkopf ist das Emblem der ES-KA Werke mit der Inschrift „Sudetengau Eger“ angebracht. Die beiden Nummernschilder offenbaren ein bewegtes Motorradleben. Zugelassen wurde das Zweirad noch im Deutschen Reich um 1940 mit dem Kennzeichen

II H 219755

(II steht für Bayern, H für Oberfranken.)

Die Wiederinbetriebnahme nach Kriegsende ist datiert auf 1948. Die Buchstaben A B verweisen auf die „amerikanische Besatzungszone Bayern“. Die Ziffer 583 steht für „Coburg-Land“ die Ziffer 22 für den Namen des Eigentümers.


Premier-Motorfahrrad aus Eger

 

Die produzierten Premier Motorfahrräder erreichten bei weitem nicht die Stückzahlen der ES-KA Werke. Deshalb haben nur wenige „Premier 98“ bis heute überlebt. Das ausgestellte Zweirad ist damit als besondere Rarität anzusehen. Der Fund stammt aus einer Scheune im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge.  Alle Einzelteile waren in einer Gitterbox gestapelt.

 

Dieses Premier-Motorfahrrad wurde 1939 in Eger hergestellt. Es trägt die Fahrgestellnummer 4909. Das Typenschild ist bei diesem Modell am Rahmenkopf angebracht und noch gut erhalten. Der Rahmen der „Premier 98“ verfügt bereits über den modernen steifen Rundbogen zum Hinterrad. Mit 63 Kilogramm Eigengewicht und 158 Kilogramm Gesamtgewicht ist die Zuladung etwas geringer als bei der ES-KA Maschine.

Der Motor verfügt über zwei Gänge und einen Leerlauf. Mit der Torpedo-Freilaufnabe im Hinterrad wird gebremst. Vorne übernimmt dies eine kleine Trommelbremse. Starten lässt sich das Gefährt, wenn mit den Tretpedalen Fahrt aufgenommen und dann der Motor eingekoppelt wird.


 

Harald Roßner zur Restaurierung der Motorfahrräder

 

Angefangen hat alles im Jahr 2018. Ein guter Bekannter, bot mir während eines Telefonats zwei „Mopeds“ zum Kauf an: Eine ESKA und eine Premier, jeweils mit einem Sachs 98 ccm Motor ausgestattet. Die Bilder die ich danach per E-Mail erhielt, sahen übel aus. Ein Motorrad war zerlegt und die Teile in einer Gitterbox gestapelt. Das andere stand zwar auf eigenen Rädern, war aber in einem erbärmlichen Zustand. Eigentlich wollte ich nach dem ersten Eindruck absagen, wäre da nicht beim letzten Bild das Emblem „Sudetengau Eger“ auf dem Lenkkopf des ESKA Rahmens zu erkennen gewesen. Das weckte meine Neugier. Nach mehreren Recherchen im Internet fiel die Entscheidung. Beide Objekte wollte ich wegen der geschichtlichen Bedeutung und des Seltenheitswerts erhalten. Die Motorfahrräder konnte ich zu einem fairen und angemessenen Preis erwerben.

Zunächst sollte das zerlegte Premier Motorrad restauriert werden. Die Teile wurden sortiert, zugeordnet und provisorisch zusammengefügt. Für den späteren Zusammenbau war es wichtig, die Teile und Baugruppen im Bild festzuhalten. Eine Liste mit den Fehlteilen wurde erstellt. An Hand der noch vorhandenen Farbreste auf den Lackteilen konnte ich die originalen Farbnuancen bestimmen. Als diese Arbeiten abgeschlossen waren, wurden die gleichen Arbeitsschritte für das ESKA Motorrad wiederholt. Es folgten Besuche in tschechischen Museen, Dort fertigte ich viele Bilder und Skizzen an. Das war wichtig, um beispielsweise die exakte Linienführung auf den Felgen sowie die Lage und Größe der Embleme auf dem Tank zu bestimmen.

Die Aufarbeitung der Blech- und Anbauteile erforderte viel Geduld und Sorgfalt. Immerhin sind die Motorfahrräder 80 Jahre alt und waren zum Teil der Witterung ausgesetzt. Das hinterlässt Spuren. Deshalb wurde die marode Farbe auf den Schutzblechen oder dem Rahmen schonend abgetragen. Löcher und Risse wurden geschweißt oder gelötet. Es folgten Rostprimer, Spachtelmasse, Grundierung und Decklack.

Eine besondere Herausforderung stellten die Tanks dar. Um Rost und Schmutz im Inneren zu lösen, füllte ich sie zu einem Drittel mit Glassplittern. In einem speziellen Rotationsverfahren wurden die Tanks eine Stunde lang gedreht. Anschließend fand die Behandlung mit Entfetter und Rostumwandler statt, ehe die benzinresistente Farbe eingefüllt wurde. Das Aufbringen der Embleme erforderte zahlreiche Arbeitsschritte. Zunächst wurden die Konturen zeichnerisch aufgetragen und anschließend mit Farbe ausgefüllt. Zum Schluss erfolgte die Linierung. Allein für einen Tank investierte ich etwa 40 Arbeitsstunden.

Viel Zeit erforderte die Restaurierung der technischen Bauteile wie die Hinterradnabe mit der Rücktrittbremse, das Vorderrad mit der Halbnabenbremse, das Tretlager mit den Pedalen oder die Lenkung. Alles wurde auseinander genommen, gesäubert und funktionstüchtig gemacht. Ebenso musste ich den kompletten Motor und den Vergaser zerlegen, reinigen, Teile ersetzen, abdichten und wieder zusammenbauen. Somit sind beide Motoren funktionstüchtig. Wenige Originalteile der beiden Motorräder fehlten. Mittlerweile konnte ich das meiste erwerben und einsetzen. Insgesamt verlief die Restaurierung über zwei Jahre und erforderte 350 bis 400 Arbeitsstunden je Motorfahrrad.

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, von 14 bis 17 Uhr
Nach Voranmeldung sind Gruppen auch zu anderen Zeiten willkommen.

Kontakt
Egerland-Museum Matktredwitz
Fikentscherstr. 24
95615 Marktredwitz
Tel. 0 92 31/39 07
E-Mail: info@egerlandmuseum.de