Figur-Formen – Kunstwerk des Monats November 2003

Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz

Phantasie-Spiele mit geometrischen Formen

Figur-Formen - Kunstwerk des Monats November 2003

Mit dem Gemälde Figur-Formen, 1992, Öl auf Leinwand, 89 x 73 cm, stellen wir ein Gemälde des Malers und Grafikers Walter Lederer vor. Der Künstler zählt nach Robert Prill in Walter Lederer, Bilder aus Vier Jahrzehnte, 1989, “zu den Gegenwartskünstlern, deren Werke unschwer eine geschulte Handschrift und eine schöpferische Gabe erkennen lassen. Er hat sich für seine eigenständische, bildnerische Sprache im Laufe der Jahre zwar einen reichen Wortschatz angeeignet, aber er versteigt sich nie in unverständlichen Formulierungen. Ohne Wenn und Aber setzt er auf sein reiches Können, das immer noch die über-zeugendste Legitimation für ein künstlerisches Schaffen ist.”

Wenn ein Künstler von einem Kunstkritiker derart charakterisiert wird, lohnt es, sich mit seinem Werk intensiv zu beschäftigen, selbst wenn es zunächst möglicherweise schwierig erscheint, einen Sinn in dem Dargestellten zu erkennen. Walter Lederer macht es wohl auch dem Betrachter nicht leicht, in seine Werke einzudringen. Es fehlt ihnen zweifellos das Modische und auch das Lärmende der Neuheit. Walter Lederer ist seiner Persönlichkeit, seiner Lebensauffassung nach eher still und ernst. Auch wenn er sich heiter und spielerisch gibt, es bleibt immer ein Stück Zweifel spürbar und es bleibt der Ernst, worauf Klaus J. Schönmetzler a. a. O. hinweist und daraus eine “innere Gegründetheit” seines künstlerischen Schaffens ableitet.

Das Exponat zeigt vor einem in unterschiedlich intensivem Blau gehaltenen Hintergrund acht geometrische Formen. Die Formen sind schwarz und weiß, teilweise mit roten und   blauen  Teilen und Streifen.  Sie  sind in sich strukturiert. Sie wirken wie Formstücke einer größeren  technischen Einheit. Der blaue Hintergrund – nur durch den Bildrand begrenzt – deutet Unendlichkeit an und versetzt die Formteile in einen Schwebezustand. So entsteht der Eindruck eines phantasievollen Spiels. Dennoch lässt die Anordnung der Formstücke auch vermuten, dass über das Spielerische hinaus, eine figürliche Gestaltung angedeutet sein könnte. Eine Figur, die aus Formstücken zusammengesetzt ist oder sich vor der Unendlichkeit in Formstücke auflöst. Letzteres entspräche eher dem Pessimismus, der bei Lederer oft mit dem Heiteren gepaart ist. Die Auflösung des Figürlichen in einzelne Formstücke ermöglicht zugleich ein Hinübergleiten in das Unendliche, ein Eindringen in die Himmelssphäre, was Metamorphose, Auflösung des Alten  und zugleich Neuanfang in anderer Form, bedeutet. Die Darstellung spiegelt durch ihre Formstrenge und durch die Wirkung der Farben eine hohe Ästhetik wider. Sie vermittelt Spannung durch die Belebung der Bildfläche, die sich in Harmonie und Stille auflöst.

Walter Lederer ist am 8. November 1923 in Schönbach bei Asch geboren. Er lebt und arbeitet in Übersee am Chiemsee. Nach Kriegsdienst und Kriegsgefangenschaft studiert er 1946 bis 1949 an der Akademie der Kunst in München bei Professor Willi Geiger. Er erhält den ERP-Förderpreis. Ab 1949 stellt er regelmäßig bei der Großen Kunstausstellung im Haus der Kunst in München aus. Es folgen Ausstellungen in zahlreichen in- und ausländischen Museen und Galerien. 1951 heiratet er Sophie Aschl. Es folgt dann die Geburt eines Sohnes und einer Tochter. Von 1963 an ist er Jahrzehnte lang Jurymitglied. 1978 erhält Lederer den Seerosenpreis für Bildende Kunst der Stadt München. 1984 findet eine Einzelausstellung im Rahmen der Großen Kunstausstellung im Haus der Kunst statt. 1987 verleiht ihm die Sudetendeutsche Landsmannschaft den Sudeten-deutschen Kulturpreis für Bildende Kunst und Architektur. In seiner Atelier-Galerie in Übersee am Chiemsee, in der auch seine reiche Sammlung afrikanischer Kunst gezeigt wird, beginnt eine vielfältige und viel beachtete Ausstellungstätigkeit. Walter Lederer erhält den 1. Preis für Kunst am Bau, nachdem Wandbilder und  Farbglasfenster in Beton und Bleiverglasung entstanden sind. Seine Werke befinden sich in öffentlichem und privatem Besitz. Der Künstler ist Mitglied der Künstlergilde Esslingen, der Neuen Münchner Künstlergenossenschaft, des Arbeitskreises 68 Wasserburg, der Gruppe 58, der B.B.K. München. Zurzeit werden in einer Sonderausstellung im Grafik-Kabinett der Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz grafische Arbeiten aus drei Jahrzehnten gezeigt.

Das Exponat ist eine von zwei Leihgaben des Künstlers.

Hans-Achaz v. Lindenfels