Kastenkrippe
“Geborgen und verborgen” – Mai 2009
Krippenkunst aus Königsberg
Passend zur Weihnachtszeit wird ein besonderes Museumsstück aus der Reihe “Geborgen und verborgen” vorgestellt. Es stammt diesmal aus dem Depot eines passionierten Sammlers und ist nur für kurze Zeit der Ausstellung “Alte Krippen aus Böhmen” im Egerland-Museum zu sehen. Das Egerland gilt als eine der vielseitigsten Krippenlandschaften Mitteleuropas. Besonders häufig waren hier die Kastenkrippen verbreitet. Sie werden im Volksmund auch als so genannte “Faulenzerkrippen” bezeichnet, da man nur einmal eine Krippenszene meist in Verbindung mit einem abgestuften Berg in einen verglasten Kasten setzte. Die Figuren haben also ihren unverrückbaren festen Platz in einer eng begrenzten Landschaft. Eine Besonderheit unter den Kastenkrippen bildete sich in der Gegend um Königsberg an der Eger (heute Kynšperk nad Ohří) heraus. Bei der kleinen Königsberger Kastenkrippe (B 42 cm, T 22 cm, H 28 cm) fallen vor allem die filigranen Miniaturschnitzereien und das fein gemalte Landschaftsbild ins Auge. Hinter einer Rückwandabdeckung verborgen findet man den Namen des Schnitzers, seine Herkunft und das Entstehungsjahr: “Josef Dellinger. Königsberg a.d.E. 1918”.
Kleine Königsberger Kastenkrippe aus dem Jahr 1919, mit Miniaturschnitzereien von Josef Dellinger.
Sammlung Karl Schenkl, Pullenreuth
Betrachtet man die winzig kleinen, nur etwa 2 bis 4 Zentimeter hohen und aus feinfaserigem Pfaffenhütchenholz geschnitzten Krippenfiguren, ist die Bezeichnung “Königsberger Krippenkunst” durchaus gerechtfertigt. Ab dem Ende des 18. Jahrhunderts bis weit in das 20. Jahrhundert hinein ist diese besonders feine Schnitzkunst nachweisbar. Ihr Ursprung geht wohl auf eine ältere Miniaturschnitzerei des 18. Jahrhunderts zurück, die sich in Eger entwickelt haben dürfte. Dafür sprechen beispielsweise die Werke des nach 1700 bekannten Tabernakelschnitzers und Bildhauers Andreas Bürgl (oder Burgl). Eine seiner bedeutenden Miniaturschnitzereien findet man in der Klosterkirche Waldsassen, im Tabernakelaufsatz des Bernhardaltars. Die filigrane Schnitzerei blieb größtenteils unbemalt. Diese Art der Miniaturschnitzerei hatte auch in Königsberg an der Eger Fuß gefasst. Die Grundlagen waren durch ein ausgeprägtes Möbelschreiner- und Bildhauerhandwerk gegeben. Bis in das 20. Jahrhundert hinein betätigten sich viele Handwerker aus unterschiedlichsten Berufen als Krippenschnitzer. Ob Postbote, Friseur oder Polizist: Sie alle zeigten eine für Laienschnitzer herausragende Begabung. Ihre Figuren wirken lebendig und bewegt. Anatomisch korrekt ist die Körperhaltung beim Schreiten, Hutabnehmen und Knien. Manche Darstellungen wurden gerne von anderen Schnitzern kopiert und in vielen Krippen übernommen. Besonders beeindruckend erscheinen die Bauern in Egerländer Tracht oder die Schalmeispieler und Dudelsackbläser.
Bei der Königsberger Schnitzkunst kann man von einer wahren Geduldsarbeit sprechen, denn je kleiner die Figur ist, desto größer musste die handwerkliche Routine und Konzentration des Schnitzers gewesen sein. Entweder entstanden Figuren aus einem Stück oder man setzte geschickt in einer Kleidungsfalte Arme, Beine oder Hände an. Kleine Schnitzwerkzeuge wurden in Eigenregie aus dem Stahl von Regenschirmstäbchen oder Nähmaschinennadeln gefertigt. Heute sind die noch erhaltenen Königsberger Krippenkästen aufgrund ihrer handwerklichen Qualität und Rarität nur selten in öffentlichen Sammlungen anzutreffen.
Volker Dittmar M.A.
Museumsleiter
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, von 14:00 bis 17:00 Uhr
Über den Krippenweg vom 26.12.2009 bis 06.01.2010:
Montag bis Sonntag, von 10:00 bis 18:00 Uhr
Geschlossen am 24. und 25.12.2009 sowie am 31.12.2009