W. Flauger – Kunstwerk des Monats Oktober 2006

Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz

W. Flauger - Kunstwerk des Monats Oktober 2006

Menschen in der Heimat

Mit dem Gemälde, das den Titel Der 89-jährige W. Flauger, 1971, Öl auf Leinwand 54 x 45,5 cm, trägt, wird ein Werk des Marktredwitzer Malers Hans Zeitner (1903-1979) vorgestellt. Dieses Gemälde wurde im August 2006 von der Sparkasse Fichtelgebirge der Egerland-Kulturhaus-Stiftung Marktredwitz für die Egerländer Kunstgalerie geschenkt und hat nun in der Schausammlung neben dem Werk des gleichen Künstlers mit dem Titel Alte Egerländerin seinen Platz gefunden.

Das Gemälde gehört zu den Werken, mit denen Hans Zeitner den Menschen in seiner Heimat, dem Fichtelgebirge und Steinwald, nachspürt. Er war mit seiner Staffelei und dem Farbkasten wandernd unterwegs und suchte Menschen, die ihn in ihrer Art und Erscheinungsweise interessierten. Er wollte den Alltagsmenschen darstellen, so wie er ihm begegnet. Auf dieser Suche entstanden Porträt ähnliche Abbildungen von Menschen. Bei dem Bild, das den alten Flauger darstellt, haben ihn offensichtlich das hohe Alter mit 89 Jahren und das noch erstaunlich junge Aussehen des Mannes besonders angezogen. So entstand ein Porträt als Brustbild, das den Mann von vorn – en face – zeigt. Das Gesicht des Mannes ist entspannt, der Blick geht interessiert in die Richtung des Künstlers. Der kleine Kopf weißt eine große fast faltenlose Stirn auf. Die rötlichen Backen zeigen einen gewissen Glanz und auffallende Frische. Der mächtige Schnurrbart ist nur grau und nicht weiß, wie die schütteren Kopfhaare. Das große rechte Ohr wird ganz dargestellt. Die mächtige gerade Nase prägt das Gesicht. Die Augen sind klar und strahlen Freundlichkeit aus. Der Dargestellte trägt eine Art Hausjacke mit Stickereien am obersten Knopf und einem dunklen Samtkragen der sich vom Braun der Jacke abhebt. Unter der Jacke schaut ein helles Hemd mit schlichtem Kragen und einfachen Knöpfen hervor. Insgesamt strahlt das Bild Ruhe und Entspanntheit aus. In der Reihe der Porträts, die der Künstler gemalt hat, gehört es zu denen, die den Künstler als einen ausweisen, der auf der Suche nach seinen Mitmenschen ist.

Hans Zeitner ist 1903 in Marktredwitz geboren und dort 1979 gestorben. Er macht nach dem Besuch der Volksschule eine Lehre als Porzellanmaler. Nach dem Abschluss der vierjährigen Lehrzeit erhält er eine Ausbildung zum Stahlplattengraveur. Durch Weiterbildung lernt er auch mit Stichel und Radiernadel umzugehen. Schließlich wird er zum Dekor-Entwerfer in der Porzellanfertigung berufen. Er strebt dann den Besuch einer Kunstschule an, der aber wegen des plötzlichen Todes seines Vaters und der dadurch notwendigen Versorgung der Mutter und der Geschwister unterbleiben muss.

Hans Zeitner beginnt  aber neben seiner Arbeit in der Porzellanindustrie mit einem intensiven Selbststudium der Kunst und der Malerei. Dabei wird er in vielfältiger Weise durch Maler und Künstler gefördert. Sein künstlerisches Schaffen wird bald von der  Presse  und  Fachliteratur  sowie  von  Kunsthändlern beachtet. Als das König-Albert- Museum in Chemnitz sein Gemälde Teichelberger Holzhauer ankauft, entschließt er sich erneut, eine Kunstakademie zu besuchen. Dabei kommt ihm zugute, dass ihm Professor Constantin Gerhardinger, Präsident der Münchner Künstler-Genossenschaft das Angebot macht, ihn in seine Meisterklasse an der Kunstakademie in München auf zu nehmen. Der Beginn des 2. Weltkriegs in 1939 verhindert aber diese Entwicklung. Zeitner muss Kriegsdienst leisten und ist noch zwei Jahre in französischer Kriegsgefangenschaft. Danach beginnt ein neuer Abschnitt des künstlerischen Schaffens. Er macht Reisen ins Ausland, wird Mitglied der Münchner Künstlergenossenschaft und stellt regelmäßig bei den Ausstellungen dieser Künstlervereinigung im Haus der Kunst in München aus. 1974 bietet die Retrospektive bei einer Einzelausstellung im Egerland-Kulturhaus Marktredwitz einen großartigen Überblick über das reiche Lebenswerk des Künstlers. 1980 erscheint ein Bildband, in dem 86 Werke des Künstlers vorgestellt werden. Dr. Hermann Braun schreibt in der Einleitung zu diesem Buch: “Er war nicht der Mann, der großes Aufhebens, geschweige denn großes Aufsehen, ‘um jeden Preis’ von sich machte. Seine ganz nach innen gekehrte, dem Werk zugewandte Art gab ihm nicht immer die im heutigen Kunstbetrieb angestrebte Wendigkeit. Um so mehr ist es ihm zu danken, dass er seinen künstlerischen Weg und seiner Herkunft treu geblieben ist.”

Hans-Achaz v. Lindenfels