Alte Egerländerin – Kunstwerk des Monats September 2003

Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz

Zum 100.Geburtstag von Hans Zeitner

Auf der Suche nach den Menschen in der Heimat

Alte Egerländerin - Kunstwerk des Monats September 2003

Mit dem Gemälde, das einem Porträt gleicht und den Titel Alte Egerländerin, (1949, Öl auf Leinwand, 86 x 68 cm) trägt, wird ein Werk des Marktredwitzer Malers Hans Zeitner vorgestellt. Dieses Gemälde ist in die Schausammlung ausnahmsweise aufgenommen, obwohl es nicht von einem Egerländer Künstler stammt. Mit dem Werk wird aber eine Egerländerin, die in Marktredwitz Zuflucht nach der Vertreibung aus der Heimat findet, gezeigt. Der Künstler ist außerdem von seiner unmittelbar an das Egerland angrenzenden Heimat geprägt, wie kein anderer Künstler, so dass diese Ausnahme gerechtfertigt ist und allgemeine Zustimmung findet, zumal Marktredwitz bis 1816 fast 500 Jahre Tochterstadt der freien Reichstadt Eger war Hans Zeitner, der im September 2003 einhundert Jahre alt geworden wäre, hat dieses Gemälde außerdem bei der  Retrospektive, die ihm mit einer gro0en Einzelausstellung 1974 gewidmet war, der Egerland-Kulturhaus-Stiftung Marktredwitz gestiftet.

Das Gemälde gehört zu den Werken, mit denen der Künstler den Menschen im Fichtelgebirge und Steinwald, seiner Heimat, nachspürt. Er war auf der Suche nach dem Menschen, wie sie ihm bei seinen Wanderungen mit der Staffelei und dem Farbkasten im Rucksack begegneten. Den Alltagsmenschen wollte er darstellen, nicht ausgewählte Persönlichkeiten, die etwa zu einer Sitzung für ein Porträt zu ihm gekommen wären. Solche Auftragsporträts lehnt er strikt ab.

Auf der Suche nach den Menschen der Heimat entstand eine Reihe von Porträt ähnlichen Abbildungen von Menschen. Mit ihnen geht Hans Zeitner dem nach, was hinter dem Äußeren das Wesen der Menschen ausmacht. Die als alte Egerländerin bezeichnete Frauengestalt, die der Künstler kannte, sitzt an einem Fenster und schaut vor sich hin, am Betrachter vorbei. Mit ihrem rechten Arm stützt sie sich auf dem etwas höher  gelegenen Fensterbrett ab. Ihre linke Hand, die ein weißes zusammen gefaltetes Tuch hält, ruht auf ihrem Oberschenkel, der von einem weiten dunklen Rock bedeckt ist. Oben hat die Frau eine dunkle Bluse an, deren Ärmel an den Unterarmen zu sehen sind. Sonst wird der Oberkörper von einem großen schwarzen Tuch bedeckt, das in seiner Hauptfläche bräunlichrot und blau gemustert ist. Auf dem weißgrauen Haar ist ein zu einem Band gefaltetes Tuch vorn mit einer Schleife zusammen gebunden. Das Gesicht der Frau ist in seinen Zügen entspannt, aber durch Alter und Harm gezeichnet. Durch das Fenster blickt man auf ein Holzgebäude, vielleicht eine Scheune, vor der ein windschiefer Baum steht. Neben dem Gebäude fällt der Blick auf belaubtes Geäst, das offenbar zu einer Baumgruppe au0erhalb des Bildes gehört. Auf dem Fensterbrett steht eine bauchige Keramikkanne mit einem emaillierten Blechdeckel. Die Hände der Frau, die entspannt ruhen, zeugen davon, dass sie kräftig zupacken mussten. Im Hintergrund ist neben dem Fenster eine graue Wand mit einem Vorhang angedeutet. Von der Frauengestalt geht Ruhe aus, zugleich auch der Eindruck eines Menschen, der trotz aller schweren Schicksalsschläge in sich ruht.

Hans Zeitner ist 1903 in Marktredwitz geboren und dort 1979 gestorben. Er macht nach dem Besuch der Volksschule eine Lehre als Porzellanmaler. Nach dem Abschluss der vierjährigen Lehrzeit erhält er eine Ausbildung zum Stahlplattengraveur. Durch Weiterbildung lernt er auch mit Stichel und Radiernadel umzugehen. Schließlich wird er zum Dekor-Entwerfer in der Porzellanfertigung berufen. Er strebt dann den Besuch einer Kunstschule an, der aber wegen des plötzlichen Todes seines Vaters und der Versorgung der Mutter und der Geschwister unterbleiben muss.

Hans Zeitner beginnt neben seiner Arbeit in der Porzellanindustrie mit einem intensiven Selbststudium der Kunst und der Malerei. Dabei wird er in vielfältiger Weise durch Maler und Künstler gefördert. Sein künstlerisches Schaffen wird von der  Presse  und  Fachliteratur  sowie  von  Kunsthändlern bald beachtet. Als dann das König-Albert-Museum in Chemnitz sein Gemälde Teichelberger Holzhauer ankauft, entschließt er sich erneut, eine Kunstakademie zu besuchen. Dabei kommt ihm zugute, dass ihm Professor Constantin Gerhardinger, Präsident der Münchner Künstler-Genossenschaft das Angebot macht, ihn in seine Meisterklasse an der Kunstakademie in München auf zu nehmen. Der Beginn des 2. Weltkriegs in 1939 verhindert aber diese Entwicklung. Zeitner muss Kriegsdienst leisten und ist noch zwei Jahre in französischer Kriegsgefangenschaft. Danach beginnt ein neuer Abschnitt des künstlerischen Schaffens. Er macht Reisen ins Ausland, wird Mitglied der Münchner Künstler-Genossenschaft und stellt regelmäßig bei den Ausstellungen dieser Künstlervereinigung im Haus der Kunst in München aus. Dabei hat er als arrivierter Autodidakt bemerkenswerten Erfolg. In Marktredwitz

Und im Fichtelgebirgsraum haben seine Werke mit Menschen, Landschaft und Blumen einen hohen Stellenwert. 1974 bietet eine Retrospektive bei einer Einzelausstellung im Egerland-Kulturhaus Marktredwitz einen großartigen Überblick über das reiche Lebenswerk des Künstlers. 1980 erscheint mit Unterstützung ein Bildband, in dem 86 Werke des Künstlers vorgestellt werden.

Das Gemälde ist eine Stiftung des Künstlers an die Egerland-Kulturhaus-Stiftung Marktredwitz in 1974.

Hans-Achaz v. Lindenfels