Ein Koffer voller Erinnerungen

“Geborgen und verborgen” – Oktober 2011

Ein Koffer voller Erinnerungen an die alte Heimat

Inventarliste eines Koffers:
4 Röcke, 2 Schürzen, 2 Kopftücher, 3 Spenzer, eine lederne Brieftasche, ein Gebetbuch aus dem Jahr 1899 und ein Konvolut von Dokumenten (Inv.Nr. 17968 bis 17989).

Lederner Handkoffer der Elisabeth Helget
gepackt mit Trachtenstücken, Inv.-Nr. 17989
Bestand des Egerland-Museums Marktredwitz

Könnte dieser kleine, schwarze Lederkoffer eine Geschichte erzählen, so würde er von den Leben von Elisabeth Helget aus Mirschikau berichten, der Eigentümerin des Koffers.

Frau Helget wurde am 15. Oktober 1875 als Tochter des Häuslers Georg Wandner und seiner Frau Anna in Mirschikau geboren. Dort wuchs sie auf und lernte später ihren Mann Andreas Helget, einen Kutscher aus Krakau, kennen. Am 13. Januar 1902 heiratete das junge Paar in der Pfarrkirche zu Krakau, Kreis Hostau. Leider verstarb ihr Ehemann Andreas bereits 1926 mit 51 Jahren an der Krankheit Lungentuberkulose, so dass Elisabeth ihr Leben von nun an allein auf sich gestellt, meistern musste. Im Jahr 1946 erlebte Frau Helget, wie so viele Egerländer, mit 71 Jahren die Vertreibung aus ihrer alten Heimat. Sie musste ihren kleinen Hof in Krakau verlassen und wurde in das bayerische Dörfchen Unterumbach Nr. 26 im Kreis Friedberg ausgesiedelt.

Transportzettel für Evakuanten
Ausgestellt für Luise Helget 1946, Inv,-Nr. 17974
Bestand des Egerland-Museums Marktredwitz

Auf dem landwirtschaftlichen Anwesen half sie bis im Oktober 1957 tatkräftig mit, bis ihr Neffe seine 82jährige Großtante zu sich nach München holte. Dort verbrachte sie ihren Lebensabend bis Frau Helget am 17. Januar 1963 in München an den Folgen einer Lungenentzündung verstarb.

Gebetbuch “Wanderstab des christlichen Alters auf dem Wege zur himmlischen Heimat”
Budweis 1899, Inv.Nr. 17988
Bestand des Egerland-Museums Marktredwitz

Es gibt viele Möglichkeiten seinen Heimatverlust zu verarbeiten und die Erinnerungen an die Heimat für sich zu bewahren. Elisabeth Helget fand Trost und Kraft durch tägliches Lesen in ihrem alten Gebetbuch mit all seinen kleinen Andachtbildern von vergangenen Osterbeichten, Wallfahrterinnerungen und Sterbebildchen. Ein Ausdruck ihrer inneren Verbundenheit mit dem Egerland, der verlorenen Heimat an der ihr Herz noch hing, war auch das Tragen ihrer Tracht, die sie bis zu ihrem Lebensende bei festlichen Anlässen, wie z.B. bei der Kommunion ihrer Großnichte, trug.

Elisabeth Helgert mit Kommunionkind um 1960
Bestand des Egerland-Museums Marktredwitz

Das Egerlands-Museum bedankt sich bei allen Spendern für die zahlreichen Objekte und den damit verbundenen interessanten Geschichten, die immer wieder den Bestand des Museums aufs Neue bereichern.

Egerland-Museum Marktredwitz
Carola Reul M.A.

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, von 14:00 bis 17:00 Uhr