Mit schwebender Maske – Kunstwerk des Monats Januar 2007

Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz

Mit schwebender Maske - Kunstwerk des Monats Januar 2007

Die Maske als Symbol menschlichen Seins

Als Kunstwerk des Monats 2007 stellen wir das Werk des Malers, Grafikers und Bildhauers Josef Walter Hermann, (* 1948 Nenderoth) Mit schwebender Maske, 1989, Farblithographie/Bütten, 63 x 92 cm, vor. Diese Grafik ist typisch für das kreative Wirken des in Herborn lebenden Künstlers. Zu im gehören Verwendung von Symbolen zur Reduzierung der Darstellung auf das Wesentliche und zugleich zur Vermittlung einer Aussage  in einer visuellen Sprache. Dies geschieht in einem Teil seiner Werke durch die Verwendung von ikonenartigen Formen. In anderen Werken übernimmt diese Funktion die Maske. In seinen Arbeiten als Bildhauer hat Hermann beispielsweise ein menschliches Antlitz als Maske geformt.

In der Lithographie von 1989 wird das Maskenhafte in der Darstellung durch ein mit kräftigen schwarzen Strichen im Vordergrund der Bildmitte angeordnetes Gebilde  zum Ausdruck gebracht. Es hat die Form von ausgebreiteten Flügeln und die Umrisse eines senkrecht aufsteigenden Vogels. Dieses Gebilde erweckt zugleich den Eindruck des Schwebens, weil es nicht bis zur erdfarbenen Basis am unteren Bildrand reicht. Die Andeutungen von schwarzen Strichen in der Fortsetzung zum Bildrand erwecken den Eindruck, als sei dieses schwarze Gebilde gerade von der Erdbasis aus gestartet und verweile nun in einem Schwebezustand. Der in einem kräftigen Blau gehaltene Hintergrund vermittelt die Weite eines unendlichen Himmels. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass links oben im Bild eine helle Kugel dargestellt ist, die in dem Himmel als Planet (Mond?) sich drehend schwebt. Zwischen dem schwarzen Gebilde und dem Himmel im Hintergrund gibt es in der Darstellung noch eine weitere Ebene, die in einem etwas helleren Farbton gehalten und einer Gesichtsform ähnlich ist. Dadurch entsteht der Eindruck, das schwarze Gebilde  schwebt vor einem Gesicht, das sich vom Himmel  durch ein helles Blau vor dem Hintergrund abhebt. Dieses Gesicht ist nur angedeutet und wird von dem schwarzen Gebilde fast vollständig verdeckt. Zwischen zwei schwarzen Strichen ist ein weißer Punkt eingefügt, so als ob ein Auge durch die Maske hindurch sieht. Im unteren Teil der Maske sind ebenfalls zwischen den schwarzen Strichen weiße Farbtupfer, so als sei dort der Mund mit weißen Zähnen. Aus dieser Wirkung ist die gewollte Funktion als Maske deutlich ablesbar. Der Schwebezustand der Maske wird noch durch zwei Vogelköpfe in der rechten unteren Bildecke unterstrichen. Die Vogelköpfe sind wie geometrische Figuren geformt. Die erdfarbene Basis am unteren Bildrand ist links am Bildrand noch etwas hochgezogen. Damit wird die räumliche Tiefe der Darstellung betont. Die Lithographie zeugt von großer Phantasie und einer meisterhaften Formansprache, die auch bei der erkennbaren Spontaneität der Gestaltung eingehalten wird.

Josef Walter Hermann  ist  in  1948 in Nenderoth im Westerwald geboren. Seine Eltern stammen aus Karlsbad und werden 1946 aus ihrer Heimat vertrieben. 1953 zieht die Familie nach Herborn im Lahn-Dill-Kreis. Nach Schule und Lehre studiert Hermann 1966 – 1971 an der Werkkunstschule und Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main.  1969 richtet sich der Künstler seine erste Lithographie-Werkstatt in Herborn ein. In den Jahren 1969/71 ermöglicht ein Mäzen einen mehrjährigen Aufenthalt auf der ost-friesischen Insel Baltrum. Dort wird er zu dem fünfteiligen Zyklus Baltrum inspiriert. 1971 wird er nach Abschluss seines Studiums als freischaffender Künstler tätig und erhält seinen ersten Auftrag. Es entstehen die ersten Editionen für die Galerie E. Daberow in Frankfurt am Main.1974 richtet er sich eine weitere Werkstatt in der Altstadt von Herborn ein. 1975 werden im Bildband  >Dokumente zur Zeitgenössischen Kunst, Neue Graphik< die Lithographien Engel (1972) und Muttergestalt (1974) reproduziert. 1976  richtet der Künstler eine Werkstatt in  Herborn-Amdorf  ein. 1979 erscheinen durch Vermittlung von Gerda Sendke die ersten Farbreproduktionen in >Grafik der Gegenwart<, den Kalendern der Arbeiterwohlfahrt Bonn. 1980 vertritt das Frankfurter Kunstkabinett Hanna Bekker vom Rath das Œuvre Hermanns auf dem Kunstmarkt. 1984 wird Hermann für die Farblithographie Zentrales  (1983)  der Internationale Sennefelder-Preis in Offenbach am  Main verliehen. 1986 beginnt eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Henner Kätelhön, Wamel, der für die Vereinigung Pfälzer Kunstfreunde die Farblithographie Maskentreiben (Fasnet I) druckt. 1987 wirkt er in der Jury für den Sennefelder-Preis mit. Ab 1989 arbeitet er in der Volkshochschule und der Akademie des Lahn-Dill-Kreises als Dozent. 1989 entstehen in enger Zusammenarbeit mit Henner Käthelön vier großformatige Farb- und Schwarz-Weiß-Lithographien. 1992 stellt die Stadt Herborn dem Künstler in einem historischen Gebäude ein Atelier zur Verfügung.  1997 veröffentlicht er  sein erstes lithographisches Werksverzeichnis. 1999 gestaltet Hermann die Glasfenster in der ökumenischen Kapelle der Dill-Kliniken in Dillenburg. In 2000 ist seinem lithographischen Werk eine Einzelausstellung im Grafik-Kabinett der Egerländer Kunstgalerie Markt-redwitz gewidmet.

Zentrale Themen des Josef Walter Hermann sind Mensch, Psyche und Apokalypse. Seine  Grundsymbolik  bildet sich aus archaischen Urformen. In der kreativen Auseinandersetzung mit dem menschlichen Kopf und seinem Gesicht wird die Vereinfachung bis zu nahezu geometrischen Formen getrieben. Angeregt durch die alemannische Fastnacht entstehen daraus Anklänge an Masken. Diese Tendenz verfestigt sich in den grafischen und malerischen Werken wie auch in den Skulpturen. In der Grafik und Malerei entsteht eine Symbolsprache, deren Entschlüsselung in der christlichen Ikonografie zu suchen ist. Davon gibt das Gemälde des Künstlers,  das  in  der  Schausammlung der Egerländer Kunstgalerie präsentiert wird und den Titel Reliquar II trägt, beredte Auskunft.

Die Lithographie Mit schwebender Maske  hat  der Künstler der Egerland-Kulturhaus-Stiftung Marktredwitz, ebenso wie das Gemälde Reliquar II und seine Skulptur Maske,  gestiftet.

Hans-Achaz v. Lindenfels